Ich studiere Ingenieurwesen. In unserem vierten Studienjahr haben wir die
Möglichkeit, ein Semester an einer Partneruniversität im Ausland zu verbringen.
Meine Wahl fiel auf die Texas A&M University. Es vergingen vier unglaubliche
Monate und ich stand vor der Wahl, nach Frankreich zurückzukehren oder in den
Vereinigten Staaten zu bleiben. Ich hatte damals beschlossen, dass ich, wenn ich
bleiben würde, etwas tun könnte, was für mich von Bedeutung war. Etwas, dem ich
Bedeutung verleihen konnte.
Etwas, durch das ich mich weiterentwickeln könnte und das meine Fähigkeiten bereichern würde.
Im März beschloss ich dann, eine E-Mail an David Lichman zu senden, ein 5-
Sterne-Parelli-Trainer, der für seine Freiarbeit mit Pferden weltweit bekannt ist. In
dieser E-Mail erzählte ich ihm von meiner Geschichte mit meinem Pferd Tangka,
wie ich zum verhaltensorientierten Reiten gekommen war, was ich künftig erreichen
wollte und natürlich sagte ich ihm, dass ich ihn treffen wollte, um noch mehr zu
lernen.
Am ersten Tag des Spring Break, ich packte gerade meine Taschen für San
Francisco, erhielt ich eine Antwort von David. Er schrieb „When can you come?
[Wann kannst du kommen?] .“ Und da im Leben irgendwie alles miteinander
zusammenhängt, veranstaltete er, wie es der Zufall wollte, zwei Tage später eine
Show in Sacramento, genau zu der Zeit, als ich auf meiner Kurzreise dort
vorbeifahren wollte. Er stellte mir sein Team vor, wir besprachen die Bedingungen
für meinen Aufenthalt und ich kam Anfang Mai zu ihm auf seine Anlage in
Sacramento, Kalifornien.
AUSTAUSCH BEWÄHRTER METHODEN
Ich wohnte in einem Wohnwagen auf einer Koppel. So hatte ich die Gelegenheit,
direkt bei den Pferden aufzuwachen. Ich war also untergebracht und David
verbrachte Zeit mit mir und brachte mir bei, wie er seine Pferde einzeln und in der
Gruppe arbeitete. Im Gegenzug half ich bei den täglichen Aufgaben wie Füttern,
Paddocks misten, Wasser auffüllen, den Sandplatz wässern und glattziehen.
Mein Aufenthalt begann mit vier Tagen auf der Pferdemesse in Sacramento, für die
David mir großzügigerweise die Eintrittskarten geschenkt hatte. Er stellte mich
einigen der bekanntesten Pferdetrainern vor, darunter Pat Parelli und John Lyons.
EQUUS MASTER
Wir besuchten die Equus Master, bei der vier Personen vier Tage lang Zeit hatten,
einen Mustang zu trainieren und mit ihm so weit wie möglich zu kommen. Es war
sehr interessant, die verschiedenen Methoden zu sehen, die angewandt wurden,
um das gleiche Ergebnis zu erzielen - oder eben auch nicht. Während der Tage auf
der Messe sah ich viele Vorführungen und Vorträge rund um das Thema Pferd und
dessen Erziehung. Ich war begeistert und begann langsam, mich für etwas zu
öffnen, das ich bis dahin noch nicht kannte: positive Verstärkung.
David nahm mich im Anschluss mit zu Dr. Jenifer Zeligs und ihren Seelöwen, damit sie uns ihre Methode zeigen und erläutern konnte. Wir konnten sogar mit den Meeressäugern spielen. Was für eine Erfahrung! Und wieder einmal funktionierte es mit positiver
Verstärkung...
POSITIVE VERSTÄRKUNG - WAS IST DAS GENAU?
Man spricht von Verstärkung, wenn man die Häufigkeit eines Verhaltens erhöhen möchte. Als positiv wird die Verstärkung bezeichnet, wenn man der Umgebung einen Reiz hinzufügt und das Tier durch etwas motiviert wird, das es möchte.
Nach all diesen Ausflügen verbrachten wir viel Zeit bei David und seinen Pferden. Zunächst brachte er mir bei, wie man mit seinem Seniorenpaar, Julio und Scotty, spielt. Ich war verloren, kannte den Verhaltenskodex nicht und trotz aller Theorie, die ich in den vergangenen Tagen gelernt hatte, war es unmöglich für mich, von den Pferden verstanden zu werden. Ich arbeitet also weiterhin individuell mit ihnen, recherchierte im Internet, über Bücher und auch DVDs.
Während dieser Zeit, die mich durch diese neue Art des Umgangs mit Tieren wirklich bereicherte, begleitete ich auch David weiterhin bei seinem Training, dem Leben auf der Ranch und ritt fast alle seine Pferde. David war manchmal gar nicht auf dem Hof, da er anderswo Kurse gab, und ich war für die ganze Ranch zuständig. Er gab mir Aufgaben und Übungen, die ich mit den Pferden machen sollte, wie z. B. mit Leon jeden Tag 20 kleine Sprünge zu absolvieren, die seinen Gelenken gut taten, oder Roux zu reiten, um daran zu arbeiten, dass sie sich besser lenken ließe, mit Pepino, dem Minipferd, an der Verbeugung zu arbeiten - mir wurde ganz sicher nicht langweilig.
Die fünf Wochen vergingen wie im Flug. David Lichman ist ein unglaublicher Mensch. Er ist talentiert und stellt sich selbst immer wieder in Frage. Er versucht, die Dinge mit den Augen des anderen zu sehen, mit den Augen von hundert anderen und von jedem zu lernen. Ich habe die positive Verstärkung entdeckt. Und das hat mir eine Welt an unzähligen Möglichkeiten eröffnet. Es ist, als wäre ich die ganze Zeit über blind gewesen, als hätte ich Dinge gesehen, ohne zu versuchen, sie zu verstehen. Und dadurch bin ich jetzt endlich
bereit, Zeichen wahrzunehmen und eine bessere Reiterin, eine bessere Besitzerin für mein Pferd Tangka zu werden.